Mein neues, altes Freibad in Zürich

Gestern ist nach einer notwendigen Renovation die Zürcher Flussbadeanstalt «Oberer Letten» nach einer längeren Renovation wieder eröffnet worden. Und heute Sonntag nahm ich einen ersten Augenschein, gleich nachdem ich sogar unserer sehr netten und unauffällig wirkenden Stadtpräsidentin Corinne Mauch kurz die Hand zum Abschied schütteln durfte. Dieses heutige, ausserordentliche Privileg, das mir als Chef der Urnenaufsicht in einem prominenten Zürcher Wahl- und Stimmlokal zuteil wurde, verblasste aber ziemlich schnell, als ich den neu gestalteten Ort, den ich als einen der besten in der Stadt ansehe, betrat. Und ich bereute es sehr, in all den Jahren keine Fotos meines Lieblingsorts gemacht zu haben, vor allem am Morgen, wo es noch wenig Gäste hat und Fotografieren sicher erlaubt wäre.

Ich vermisse die wegen meiner leichten Sonnenempfindlichkeit vorteilhafte Baumreihe gegen die südwestliche Limmat hin, die schattige Laube mit den komfortablen Pritschen und vor allem die improvisiert wirkende Ausschanktheke, die einen südländischen Touch versprühte und wo man sich einfach so für Sandwiches und Getränke anstellen und mit der Bedienung ein paar Worte über die Musik oder überflüssige Apple-Produkte wechseln konnte.

Jetzt wirkt alles noch unfertig, nicht etabliert, doch es hat nun Platz für mehr Leute, vor allem die Sonnenbadenden. Stühle, Pritschen und schattige Rückzugsgebiete im vorderen Sonnenbadbereich gehören nun wohl (leider?) der Vergangenheit an. Das neue Lokal, versteckt auf dem Dach des hinteren Garderobengebäudes speziell für die Frauen - hab ich noch gemieden. Ich wollte noch nicht alles erkunden und mich daran gewöhnen müssen, doch immerhin hab ich weitere, bekannte Stammgäste entdeckt. Auch die werden sich an ihr altes Bad im neuen Gewand gewöhnen müssen.

Auf alle Fälle werde ich dort auch dieses Jahr wieder ausschliesslich Computer-Literatur verschlingen und mir Notizen zu Konzepten und Projekten machen. Das sehr angenehm gemischte Publikum aus coolen und weniger coolen Leuten (ich gehöre zu den weniger coolen) wird dort aber sicher weiterhin bestimmend sein, und das ist eigentlich der Hauptgrund, weshalb ich gerne dort wiederkehre.

Nachtrag

In den Kommentaren des Tagesanzeigers wurde wegen des Bereichs nur für Frauen wieder eine Diskussion über die Gleichberechtigung losgerissen, die müssig ist. Wir Männer dürfen oben ohne in der Sonne liegen, ohne dass wir uns von lüsternen Blicken der Frauen belästigt fühlen. Frauen können das nicht ohne sich belästigt zu fühlen, und darum geht der Frauenbereich in Ordnung.